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Erbschaft und Erbschaftsteuer - Was Sie über die Bewertung von Landwirtschaftsbetrieben wissen müssen

Was ist der Hintergrund des Urteils? 

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Urteil zur Bewertung von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben für die Erbschaftsteuer Stellung genommen. Anlass war ein jahrelanger Rechtsstreit zwischen einem Erben und dem zuständigen Finanzamt. Dabei ging es um zwei Fragen: Hatte der Erbe tatsächlich einen Landwirtschaftsbetrieb geerbt oder nur Ackerland? Und hat das Finanzamt die Flächen richtig bewertet?

Wie wurde der Fall entschieden? 

Der klagende Erbe konnte sich am Ende durchsetzen. Der BFH entschied, dass nicht das zivilrechtliche Eigentum an Grund und Boden, sondern die tatsächliche Nutzung des Bodens entscheidend ist. Nur wenn der Erbe einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft übernommen hat, kann dieser auch entsprechend bewertet werden. Das Finanzgericht hatte diese Frage aber nicht ausreichend geklärt.

Welche Grundsätze zur Bewertung von Landwirtschaftsbetrieben hat der BFH präzisiert? 

Zusätzlich äußerte sich der BFH zu den Grundsätzen der Bewertung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe. Wenn der Liquidationswert maßgebend ist, kann ausnahmsweise ein geringerer gemeiner Wert nachgewiesen werden. Das setzt aber voraus, dass der vom Finanzamt festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert um mindestens 40 Prozent übersteigt.

Wie können Betroffene von diesem Urteil profitieren? 

Für Erben von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben ist dieses Urteil wichtig. Es stellt klar, dass nicht allein das Eigentum an Grund und Boden, sondern die tatsächliche Nutzung entscheidend ist. Erben sollten daher genau prüfen, ob sie tatsächlich einen Betrieb geerbt haben oder "nur" Ackerland. Zudem können sie im Falle einer Überbewertung durch das Finanzamt versuchen, einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen.

Beispiel 1: Erbe eines Landwirtschaftsbetriebs 

Familie Müller erbt den Hof ihrer Eltern. Dieser wurde bisher landwirtschaftlich genutzt, mit Ställen, Maschinen und Flächen. Das Finanzamt stuft den Hof als Betrieb der Land- und Forstwirtschaft ein und bewertet ihn entsprechend. Aufgrund des Urteils des BFH kann Familie Müller nun prüfen, ob der vom Finanzamt angesetzte Wert tatsächlich dem gemeinen Wert entspricht oder ob ein niedrigerer Wert nachgewiesen werden kann.

Beispiel 2: Erbe von Ackerland 

Frau Schneider erbt von ihrer Tante einige Grundstücke, die bisher als Ackerland verpachtet waren. Das Finanzamt stuft diese als Betrieb der Land- und Forstwirtschaft ein. Aufgrund des BFH-Urteils kann Frau Schneider nun argumentieren, dass es sich lediglich um verpachtetes Ackerland handelt und kein eigener Landwirtschaftsbetrieb vererbt wurde. Das hätte Auswirkungen auf die Bewertung für die Erbschaftsteuer.

Beispiel 3: Überbewertung durch das Finanzamt 

Herr Becker erbt einen Forstbetrieb. Das Finanzamt bewertet den Betrieb mit 500.000 Euro. Herr Becker kann jedoch nachweisen, dass der tatsächliche gemeine Wert nur 300.000 Euro beträgt. Da die Differenz mehr als 40 Prozent beträgt, kann er sich auf das BFH-Urteil berufen und eine Neubewertung zu seinem Gunsten erreichen.

Fazit und Handlungsempfehlungen 

Das Urteil des Bundesfinanzhofs ist für Erben von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben wichtig. Es stellt klar, dass nicht allein das Eigentum, sondern die tatsächliche Nutzung entscheidend ist. Erben sollten daher genau prüfen, ob sie wirklich einen Betrieb geerbt haben. Zudem können sie im Falle einer Überbewertung durch das Finanzamt versuchen, einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen.


Ihr Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht / (Zertifizierter) Testamentsvollstrecker (AGT)

Christian Keßler
(Diese Informationen erfolgen nicht im Rahmen eines konkreten Vertragsverhältnisses. Der Verfasser übernimmt keinerlei Gewähr für die Aktualität, Korrektheit, Vollständigkeit oder Qualität der bereitgestellten Informationen. Haftungsansprüche gegen den Verfasser, welche sich auf Schäden materieller oder ideeller Art beziehen, die durch die Nutzung der dargebotenen Informationen bzw. durch die Nutzung fehlerhafter und unvollständiger Informationen verursacht wurden, sind grundsätzlich im weitest zulässigen Rahmen ausgeschlossen.)

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Veröffentlichung

Mi, 07. August 2024

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